Das politische Ziel Russlands ist die Erreichung des Status eines Schlüsselzentrums auf geopolitischem Niveau, oder mit anderen Worten – den Status einer Supermacht, eines Weltpols.
Realisationsrichtungen:
- Russische Dominanz im postsowjetischen Raum(auf dem Weg der Verwirklichung von “zwischenstaatlichen” Projekten wie “GUS”, “Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft”, “Organisation eines Vertrags über kollektive Sicherheit”);
- Desorganisation der Außen- und Innenpolitik der EU(Entzug des Status der EU auf Weltarena, ihr Auseinanderfallen, Erschaffung eines gemeinsamen Raums “vom Atlantik bis zum Pazifik” unter Dominanz Russlands im Rahmen der “Eurasischen Strategie”);
- Neutralisierung des Einflusses von USA im eurasischen Raum.
Mechanismen, die Russland dabei einsetzt:
- Militärisch: direkte oder indirekte Intervention russischer Streitkräfte (wie es zu verschiedenen Zeiten in der Ukraine, Georgien, Moldau etc. geschah);
- Ausführung des “soft power”-Konzepts.
Das “soft power”-Konzept von W.Putin:
Eine Zusammensetzung von Instrumenten und Methoden zur Erreichung von außenpolitischen Zielen Russlands ohne Einsatz von Waffen sondern mithilfe von informativen und anderen Einwirkungsmechanismen.
Eine Schlüsselrolle spielen dabei nach wie vor solche staatlich-politische Projekte wie “Rossotrudnitschestwo”, der Fonds “Russische Welt”, der “Gortschakow-Fonds” sowie das “Weltweite Bündnis der Russischen Presse” und andere.
Eine der Möglichkeiten, diesen Plan auf europäischem Territorium zu verwirklichen, ist die Schaffung von durch Russland kontrollierten öffentlich-politischen “Experten”-Bündnissen in führenden Ländern Europas und die weitere aktive Nutzung dieser Gemeinschaften zur Bildung einer eigenen politischen und politischen Lobby auf europäischem Territorium.
Insbesondere dient den Interessen der sogenannten „internationalen” Legitimation die 2004 von Russen (und dank der unmittelbaren Initiative des Anführers des „International Eurasian Movement” (“IEM”) A. Dugin) gegründeten “Internationalen Organisation zur Wahlbeobachtung CIS-EMO”.
Über 100 “loyale” Vertreter europäischer Länder waren an CIS-EMO-Aktivitäten beteiligt, insbesondere waren sie als “unabhängige Beobachter” in den meisten Brennpunkten der russischen Intervention in Europa und im Nahen Osten vertreten.
Das Hauptergebnis dieser “Missionen” war:
- Anerkennung der “Legitimität” von Wahlen und Referendenin Transnistrien, Gagausien, Südossetien, Abchasien, Bergkarabach, der besetzten Krim usw. durch die internationale Weltgemeinschaft;
- Vorwürfe der “undemokratischen Wahlen” in Lettland, Litauen, Estland, Kosovo (unter der Schirmherrschaft der OSZE), im Irak (nach dem Sturz von S. Hussein) und in anderen Ländern.
Dabei bildeten die russischen „Eurasier“ gerade aus der Anzahl der Aktivisten der CIS-EMO eine kontrollierbare propagandistische Expertengemeinschaft in europäischen Ländern, indem sie eine Reihe von verschiedenen “eurasischen” und “geopolitischen” öffentlichen Strukturen eingerichtet hatten, die anschließend eine aktive Verbreitung der Ideen der “russischen Welt” in Europa gestartet haben.
Seit dem Beginn der aktiven Umsetzung der „eurasischen Strategie“ in den 2000er Jahren wurde Italien eine der vorrangigen Regionen für Aktivitäten von entsprechenden von A. Dugin angeführten russischen Ideologen in Europa.
Eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung des russischen «Eurasianismus» auf der Apenninhalbinsel spielten die Funktionäre derselben „CIS-EMO”, die im Rahmen des «Instituts für höhere geopolitische Studien und die Nachbarwissenschaften» (ISAG) organisiert sind.
Die ISAG hatte eine koordinierende Rolle bei der Bildung eines Netzwerks von pro-russischen öffentlichen Bündnissen (sowohl “linker” als auch “rechter” politischer Gesinnung), deren Aufgabe es ist, Russlands aggressive Außenpolitik und seine Aggression gegen die Ukraine zu unterstützen.
Von der ISAG wurde eine Reihe von regionalen, sogenannten «kulturellen» italienisch-russischen Vereinen auf der Basis von rechten politischen Kräften geschaffen:
– die rechte separatistische Partei «Lega Nord», die darauf abzielt, die Unabhängigkeit des Nordens des Landes zu verkünden;
– die rechtsradikale nationalistische Bewegung «Casa Pound»;
– die Mitte-Rechts «Forza Italia», angeführt von dem alten europäischen “Genossen” von W. Putin S. Berlusconi.
Zu den „linken” Gestalten des pro-russischen Netzwerkes gehören die langjährigen “Partner” des sowjetrussischen Regimes, Kommunisten und mit ihnen verbundene Gewerkschaften, die sich im «Antifaschistischen Komitee der Ukraine» zusammenschlossen. Der tatsächliche Gründer des angegebenen Netzwerkes, wie im Fall mit den Rechten, war die ISAG.
Im Auftrag des italienischen Büros der «Rossotrudnitschestwo»:
– für «Kommunikation» mit den Rechten: die Jugendbewegung „Russisch-italienische Jugend“ (I. Osipova);
– für «Kommunikation» mit den Linken: das Komitee „Für den Anti-Nazi-Donbas“ (W. Juchnina).
Die Bildung eines «rechtsorientierten» prorussischen Netzwerks in Italien geht auf den Dezember 2013 zurück (zeitgleich zum Beginn der Revolution der Würde in der Ukraine). Im Dezember 2013 fand in der Stadt Turin ein Kongress der Partei «Lega Nord» unter Beteiligung der Staatsduma-Abgeordneten von der Partei «Einheitliches Russland» und den Vertretern von Alexander Dugin statt.
Im Januar 2014 begann jedoch unter der Schirmherrschaft von «Rossotrudnitschestwo» und «Lega Nord» die Bildung von italienisch-russischen Kulturbündnissen im Norden und zum Teil in zentralen Regionen Italiens. Im Zeitraum 2014-2015 wurden 8 solche Verbände aus der Anzahl der Mitglieder von «Lega Nord», «Casa Pound» und «Vorwärts Italien» gebildet.
Außerdem wurden in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt vier Konferenzen von A. Dugin von den Geheimdiensten der Russischen Föderation zur Aktivierung der rechten Kräfte veranstaltet, es werden systematisch Reisen nach Russland, auf die besetzte Krim und in die sogenannten «DVR»/«LVR» organisiert.
Als Partner für «Lega Nord» und «Vorwärts Italien» wurden von den Russen «Einheitliches Russland» und für viel radikalere «Casa Pound» – entsprechend die russische Partei „LDPR“ (Schirinowski)ausgewählt.
Hauptrichtungen der Tätigkeit von «kulturellen Bündnissen»
Zur Legitimierung von “DVR”/”LVR”:
1) Organisation von Besuchen auf das besetzte Territorium im Donbas: Über 30 italienische Staatsbürger aus der Partei “Lega Nord” (90% – “DVR”, 10% – “LVR”);
2) Eröffnung eines “diplomatischen Zentrums der DVR” in Italien am 14.12.2016 in der Stadt Turin, geleitet von E. Bertolasi, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter des “Instituts für höhere geopolitische Studien und Nachbarwissenschaften”;
3) Versuche, die Anerkennung von “DVR”/”LVR” in nördlichen Regionen Italiens (Toskana, Lombardei, Veneto) zu initiieren (seit Sommer 2016);
Auf dem Territorium von Italien im Interesse Russlands:
1) Aktionen (Kundgebungen, Mahnwachen, Konferenzen, Medienauftritte usw.) bezüglich:
- der Notwendigkeit, die Sanktionen gegen Russland abzuschaffen (wegen Sanktionen habe die Wirtschaft Italiens bereits etwa 5 Milliarden Euro verloren, den größten Schaden hätten die nördlichen Regionen Italiens getragen);
- der Nichtübereinstimmung der Mitgliedschaft in der EU und NATO mit den nationalen Interessen Italiens (und die zeitgleiche Propaganda der geopolitischen Ideen von Dugin hinsichtlich des Wechsels von der “Europäischen Union” zur “Eurasischen Union von Gibraltar bis nach Wladiwostok”);
- der Unterstützung des Vorgehens der russischen Streitkräfte in Syrien (Russland sei im Unterschied zur USA und EU ein konsequenter Kämpfer gegen den IS);
- der Popularisierung von Russland als einem “starken Staat” und insbesondere W. Putin als einem “herausragenden Führer einer Supermacht”;
- Beschuldigung der Ukraine der Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Donbas.
2) Organisation von Foren “Italien-Krim” für Wirtschaft, Investitionen, Kultur und Tourismus u.a.;
3) Verabschiedung von “Appellen” der regionalen Rätern Norditaliens an die Regierung Italiens, die EU möge die Politik hinsichtlich der Krim überdenken und die Sanktionen gegen Russland abschaffen: 18.05.2016 – Veneto, 29.06.2016- Ligurien, 06.07.2016 – Lombardei und Toskana;
Bezeichnend ist, dass die Vertreter der “Lega Nord” danach strebten, Ende 2017 die Durchführung von regionalen Referenden in der Lombardei und im Veneto über ihre Autonomie (zur “Föderalisierung Italiens”) zu initiieren.
Im EU-Parlament:
- eine vollständige Abschaffung aller aktiven und die Blockierung von eventuellen neuen Sanktionen gegen Russland;
- die Lobbyierung der Anerkennung der besetzten Krim als eines russischen Territoriums;
- die Verbreitung von Desinformationen über die Situation im Osten der Ukraine unter dem russischen Stempel eines “Bürgerkrieges”.
(die Partei “Vorwärts Italien” besetzt 17 Plätze im EU-Parlament, die Partei “Lega Nord” – 9 Plätze).
Bei der Mobilisierung der «linken Flanke» haben die Russen folgende Organisationen hinzugezogen:
- die Kommunistische Partei Russlands;
- «Rossotrudnitschestwo» (über die Nichtregierungsorganisation „Komitee für Anti-Nazi-Donbas“);
- «Das Komitee zur Rettung der Ukraine»;
- «Das Institut für höhere geopolitische Studien und verwandte Wissenschaften» (ISAG).
Sie haben in enger Zusammenarbeit ein Koordinationskomitee der antifaschistischen Ukraine mit entsprechenden Zentren in 11 Regionen geschaffen. Seine Basis bildeten vor allem Mitglieder und Anhänger von folgenden linken Kräften:
– Partei der kommunistischen Wiedergeburt;
– Partei der italienischen Kommunisten;
– Zentrale Gewerkschaft Italiens.
Hauptrichtungen der Aktivität des “antifaschistischen” Komitees
Zur Legitimation von “DVR”/”LVR”:
1) Organisation von “Besuchen” auf das besetzte Territorium im Donbas (ORDLO): etwa 40 italienische Staatsbürger (80% – “LVR”, 20% – “DVR”);
2) Wiederherstellung einer engen Zusammenarbeit zwischen den Anführern der sogenannten “Föderation von Gewerkschaften der LVR” und der italienischen Gewerkschaft USB: etwa 20 gemeinsame Veranstaltungen im Rahmen eines im Juni 2016 abgeschlossenen “internationalen” Vertrags, darunter auch auf dem Territorium Italiens;
3) Versuche, die Verabschiedung über die Anerkennung von “DVR/LVR” durch das italienische Parlament zu initiieren: Im Juni 2017 wurde auf eine Initiative des sogenannten “Koordinationskomitees der antifaschistischen Ukraine” eine entsprechende digitale Petition registriert;
3) Die Durchführung von vielfältigen antiukrainischen Aktionen auf dem Territorium Italiens (Konferenzen, runde Tische, Kundgebungen und Verbreitung von Flugblättern zur Unterstützung der “D/LVR”-Bevölkerung, Organisation von Fotoausstellungen über die “Verbrechen der ukrainischen Armee und des SBU im Donbas”.
Auf dem Territorium Italiens im Interesse Russlands:
1) Aktionen (Kundgebungen, Mahnwachen, Petitionen, Konferenzen, Auftritte in den Medien usw.) bezüglich:
– “Anti-NATO, Anti-EU, Anti-USA, Antiglobalismus – nein zur kolonialen Politik des Imperialismus!” (zugleich wird Russland als ein folgerichtiger Verteidiger der “volksgewählten” Regierungen von Kuba, Venezuela und Syrien propagiert, der sie vor Einmischung in ihre innere Angelegenheiten seitens imperialistischer Staaten schützt);
– der Notwendigkeit der Abschaffung von Sanktionen gegen Russland (die Wirtschaft Italiens werde durch antirussische Sanktionen zerstört, der Handelsumsatz von nördlichen Regionen Italiens sei um 50% gefallen).
Im EU-Parlament:
- die Abschaffung von aktiven sowie die Blockierung von Einführung neuer Sanktionen gegen Russland;
- die Verbreitung von Desinformation über die Situation im Donbas unter den “antifaschistischen” Klischees.
(“Partei der Kommunistischen Wiedergeburt” – 1 Platz im EU-Parlament).
Als Ergebnis:
Die «hybride» Taktik der Russischen Föderation in Italien:
– Eine «Schlüsselrolle» bei der Ausführung des Projekts spielen die russischen Geheimdienste, «Rossotrudnitschestwo», die “Internationale Eurasische Bewegung” und das “Komitee zur Rettung der Ukraine”;
– Die Koordinierung findet über das italienische Netzwerk von «Rossotrudnitschestwo» und das «Institut für höhere geopolitische Studien und verwandte Wissenschaften» (ISAG) statt;
– die Linken betreuen die sogenannte «LVR» (80% der Fahrten in die «LVR», 20% in die «DVR»);
– die Rechten betreuen die sogenannte «DVR» (90% der Fahrten in die «DVR», 10% in die «LVR»).
– «politische» Betreuer aus der Russischen Föderation:
a) die Kommunistische Partei Russlands für die «Linken»;
b) “Einheitliches Russland” und “LDPR” für die «Rechten».
Zugleich, trotz der offensichtlich bestehenden ideologischen Unterschiede in ihrer Tätigkeit, sind die für die Aktivität beider «Flanken» der jeweiligen prorussischen öffentlich-politischen Kräfte folgende Maßnahmen gemeinsam:
– Die Schaffung von parteiübergreifenden Gruppen «Putins Freunde» in den Regionalräten Italiens;
– Die Appelle an italienische Behörden (die Regierung und das Parlament), die Sanktionen gegen Russland aufzuheben und die sogenannten «DVR»/«LVR» anzuerkennen;
– Die Entgegenwirkung der Einführung/Fortsetzung von antirussischen Sanktionen im Europäischen Parlament;
– Die Organisation von systematischen Veranstaltungen unter den Slogans «Anti-NATO», «Anti-EU»;
– Die Popularisierung Russlands als einen «mächtigen» Staat und Putin als einen «herausragenden» Politiker.
Außerdem gibt es Anzeichen für «Föderalisierung» Italiens nach russischem Szenario:
– die Rechten vertreten die Ideen der Unabhängigkeit der nördlichen Regionen (Piemont, Veneto und Lombardei);
– die Linken der südlichen Regionen (Sardinien und Sizilien).
Die neue italienische Regierung, deren Mitglieder ihre prorussische Gesinnung noch in der Phase des Wahlkampfes offen demonstrierten, wurde am 1. Juni 2018 ernannt.
Das Rückgrat der neugewählten Regierung bildeten die rechtspopulistischen und euroskeptischen politischen Kräfte «Lega Nord» und der «Fünf-Sterne-Bewegung», eine ihrer wichtigsten Aktivitäten ist die Umsetzung des Konzeptes eines konstruktiven Dialogs mit Russland und die obligatorische Abschaffung von anti-russischen Sanktionen da diese vermeintlich erhebliche Verluste für die italienische Wirtschaft verursachen (gemäß der gemeinsamen Agenda der Parteien, die im Mai dieses Jahres vereinbart wurde).
Und obwohl die Umsetzung dieses Konzepts von italienischen Politikern als ausschließlich «proitalienisch» (zur Unterstützung der Wirtschaft des Landes) vorgestellt wurde, weist seine schnelle Entwicklung in den ersten zehn Tagen nach der Ernennung auf etwas anderes hin.
So erlaubte die Analyse der vereinbarten Aktionen italienischer Regierungsbeamten, die Hauptlinien der russischen Lobby auszusondern, die keineswegs «proitalienische» Absichten haben, sondern ausschließlich darauf abzielen, der Russischen Föderation bei der Erreichung ihrer eigenen geopolitischen Interessen nicht nur in den EU-Ländern, sondern generell in der Welt beizustehen.
Insbesondere kann zwischen folgenden Linien unterschieden werden:
– Die pseudoökonomische Linie wird durch Direktiven italienischer Regierungsbeamter verwirklicht, die entsprechenden antirussischen Sanktionen abzuschaffen (wird aktiv von den nördlichen Regionen Italiens unterstützt);
– Die politische Linie wird durch dieUnterstützung der italienischen Politik beim Prozess der Rückkehr von Russland in die G7 und der Vertiefung seiner Teilnahme am NATO-Russland-Format umgesetzt;
– Die Energielinie steht mit der Schwächung der Diversifizierung der Transitwege von Erdgas nach Europa in Verbindung, was Russland weiterhin den Status eines Monopolisten in dieser Frage überlässt.